Das Casting der Kandidat*innen spekuliert auf folgende Talente: Eignen sie sich als Seismographen oder auch als blueprint für kommenden gesellschaftlichen Veränderungen? Sind sie ein Medium, das gesellschaftliche Vorgänge abbildet und aufzeichnet? Die Jury fragt nach Involviertsein, Gewitztheit und Überlebensschläue. Das Casting wird analytischen oder intuitiven Fähigkeiten der Bewerber*innen testen die gesellschaftliche Gegenwart zu beschreiben und welche Zukünfte in ihren Erzählungen über die Vergangenheit und Gegenwart Kolumbiens aufblitzen.
Chronik einiger Zukuenftiger Ereignisse
- Espacio Odeon, Bogotá
- Gedächtniskunst
Das erste Casting für eine filmische Langzeitdokumentation, die zehn Kolumbianer*innen im Zeitraum 2019 – 2029 begleiten wird und dokumentiert wie sie das Jahrzehnt erlebt haben werden.
Wird der Friedensschluss als das Ende eines geschichtlichen Abschnitts wahrgenommen? Die inszenierte Castingsituation ermöglicht konzentrierte Befragungen und Gespräche in denen sich die Kandidat*innen und die Jury selbst portraitieren. Die Fiktionalisierung ermächtigt die Protagonist*innen in einem Land über Zukunft zu spekulieren, in dem viele sich keine Zukunft vorstellen können, die Zukunft als bereits gestohlen verbucht wird und der Geschichte ein Wiederholungszwang unterstellt wird. Hannah Arendt nannte das „die Einbildungskraft im Wandern üben“, Siegfried Kracauer „Löcher in die Wand machen.“ Event und Dokumentation sind deshalb history in the making: Ein Sprechen über das was war und ist und das, was einmal Geschichte gewesen sein wird.
Die Jury für die Audition in Bogotá, Mai 2018:
Brigitte Baptiste ist eine international anerkannte Expertin für Biodiversität und eine wichtige Stimme für LGBT-Rechte in Kolumbien. Sie leitet das Humboldt-Institut in Bogotá.
Sebastian Eslava ist der männliche Hauptdarsteller in der kolumbianischen Netflix-Serie „La niña“, die von der Rückkehr einer Ex-Guerillera ins zivile Leben handelt.
Claudia Mosquera ist Professorin für Sozialarbeit an der Universidad Nacional. Sie arbeitete u.a. mit Vertriebenen in Bogotá. Aktuell stehen das Erbe der Sklaverei in Kolumbien und der Friedensprozess im Fokus ihrer Interessen.
Eugenia Vazquez arbeitet seit den 90er Jahren mit dem RedNacional de Mujeres Excombatientesde la Insurgencia mit ehemalige Kämpferinnen der Guerilla.
Präsentation Cali
Die Zukunft der Toten.
Eine Präsentation der Mobilen Akademie Berlin & Kolleginnen
Die Präsentation verwebt verstreute Fäden, um über die Toten im politischen Diskurs, der Historiographie und in den Wissenschaften zu sprechen.
Karin Harrasser und Hannah Hurtzig untersuchen seit 2015 kolumbianische Verbindungslinien von Erinnerung und möglichem Zukunftsdenken. Im Zuge ihrer Forschungen interviewten sie eine Reihe von Zeitzeug*innen aus so unterschiedlichen Gebieten wie Menschenrechte Gastronomie, Biodiversität und diversen Wissensfeldern in Kunst und wissenschaftlicher Forschung. In Cali werden sie nun ihr gemeinsames Projekt „Chronik einiger zukünftiger Ereignisse“ vorstellen. In dieser filmischen Langzeitdokumentation soll die Beziehung von Zeit und Erinnerung spekulativ erkundet werden, indem das tägliche Leben von zehn Kolumbianer*innen in eine imaginäre Zukunft projiziert wird.
Darüber hinaus werden sich zwei Kolleginnen aus Bogotá, María Victoria Uribe und Claudia Mosquera mit ihren Forschungen zu Bildern der Toten (Uribe) und dem Erbe der Sklaverei in der afro-kolumbianischen Kultur (Mosquera) der Konversation anschließen. Gemeinsam werden sie danach fragen, ob das Trauern als spezieller Modus der Geschichtsschreibung begriffen werden kann, der die Vergangenheit in Richtung Zukunft öffnet, ohne ihre gewaltsamen Effekte auf die Gegenwart zu übersehen.
Claudia Mosquera Rosero-Labbé
Professorin für Sozialarbeit an der Nationalen Universität Kolumbien (Bogotá) und Forscherin am Zentrum für Sozialwissenschaften (CES). Zur Zeit leitet sie eine Forschungsgruppe zu ethnischer und kultureller Gleichheit, ökologischen Konflikten und Rassismen in den „Schwarzen Amerikas“ (Idcarán).
María Victoria Uribe
Anthropologin und Professorin an der Universität Rosario, Bogotá. Sie erforscht die politische Gewalt und gegenwärtige Konflikten. Sie war von 1994 bis 2005 Direktorin des Kolumbianischen Instituts für Anthropologie und Geschichte. Zudem war sie Mitglied einer Forschungsgruppe zu historischem Gedächtnis für das Nationale Komitee für Wiedergutmachung und Versöhnung.
Credits
Chronik einiger zukünftiger Ereignisse: Erste Audition in Bogotá
Konzept, Script, Recherche: Hannah Hurtzig und Karin Harrasser / MAB
Regie: Hannah Hurtzig
Jury: Brigitte Baptiste, Sebastian Eslava, Claudia Mosquera, Eugenia Vasquez
KandidatInnen: Julio César Belalcazar, Luis Cermeño, Claudia Pilar García, Ana Garzón Sabogal, Alejandra Gaviria, Carlos Emilio Martínez, Blanca Pineda, Marta Ruiz
Cinematographie, Kamera 1: Josephine Landertinger
Licht, Kamera 2: Javier Hernández
Kamera 3: John Hernández
Ton: Sonia Poveda
Tonassistent: Juan Manuel Fernandez Mora
D.I.T: Juan José Murillo
Make-up: Wendy Acosta
Fotograf: Sebastian Bright Ceballos
Übersetzung 2: Carolina Valderrama
Techniker Odeon: Omar Santafé Arévalo
Leitung Goethe-Institut: Wenzel Bilge
Team im Goethe Institut:
Produktionsleitung: Lucia González
Gesamtkoordination: Anne Bechstedt
Produktions-Assistent 1: Christina Pirner
Produktions-Assistent 2: Sophie Wolf
Übersetzung 1: Juliane Schindler
Fahrer: Carlos Martínez
Rechtsberater: Juan Carlos Tavera
Techniker Goethe-Institut: Candelario Arias
Das Projekt von ODRADEK-FILM wird von MAB und vom Goethe-Institut Bogotá produziert.
Mit besonderem Dank an: Tatiana Rais vom Espacio Odeon, Más Arte Más Acción, Fundación NATIBO, Kunstuniversität Linz, Austria und Katja Kessing, Martha Nubia Bello, Jésus Martín Barbero, Heidi und Rolf Abderhalden, Marta Ruiz.
Die Präsentation fand im Rahmen von „La carretera al mar“, einer Koproduktion des Goethe-Instituts und des Museo de la Tertulia am 11. August in Cali statt. Museo La Terulia, Edificio de la Colección, Cali.