Sich erinnern, das ist ein intimer, persönlicher Moment, der sich gleichzeitig auf der Folie kollektiver Erinnerung abbildet und die Gedächtnismetaphern vergangener Zeiten zitiert. Es ist ein aktuelles, in der Gegenwart stattfindendes Ereignis des Einprägens und Rückrufens spezifischer Inhalte, ein Dekonstruktions- und Konstruktionsvorgang, der so entgegengesetzte Funktionen wie das Bewahren und Löschen von Daten leisten muss.
In der Filiale für Erinnerung auf Zeit konnte man diesen Vorgang im Gespräch zwischen Erzähler und Zuhörer, im Dialog von Fachleuten und im Interview mit dem Publikum verfolgen. Das labyrinthische Gebäude der Hamburger Kammerspiele war die Bühne, auf der man die Etablierung und den Entwurf von Erinnerung im Sprechen erleben konnte: als eine grelle Sprachgaukelei oder ein raunendes Melodrama, als eine scheinbar ehrliche oder brillant gelogene, eine plötzlich auftauchende oder lang vorangekündigte Veranstaltung unseres privaten Gedächtnistheaters, in dem wir gleichzeitig als Autor, Darsteller, Regisseur und Souffleur auftreten. Ein sprechender Erinnerungsort, der das gesamte Haus der Hamburger Kammerspiele mit Keller, Nebenräumen und Dachboden als mediale Installation bespielte und den Vorgang und die Konstruktion von persönlicher und kollektiver Erinnerung beobachtbar machte.