Der SCHWARZMARKT FÜR NÜTZLICHES WISSEN UND NICHT-WISSEN versteht sich als interdisziplinäre Recherche über das Lernen und Verlernen, das Wissen und Nicht-Wissen. In einem temporären Schau- und Produktionsraum (Agora & Check-In) präsentieren sich erzählerische Formate der Wissensvermittlung.
>>> Was ist der Markt fuer nuetzliches Wissen und Nicht-Wissen ?
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ERST WIE ICH HÖRTE WIE DU MICH VERSTEHST, WUSSTE ICH, WAS ICH GESAGT HABE
– Oswald Wiener
Umbenennung 2020
In Bogotá (2019) haben wir das Projekt Mercado clandestino genannt und für die Lizenz in Hamburg (2020) trennen wir uns von dem Label Schwarzmarkt. Ab jetzt firmiert das Projekt unter dem Titel: MARKT FÜR NÜTZLICHES WISSEN UND NICHT-WISSEN.
Tradition
Seit ca. 10 Jahren (es ist nicht mehr genau auszumachen seit wann genau) hängt über jedem “Markt für nützliches Wissen” ein Transparent mit einem Satz von Oswald Wiener: ERST WIE ICH HÖRTE WIE DU MICH VERSTEHST, WUSSTE ICH, WAS ICH GESAGT HABE. Ein eleganter Hinweis, dass es in diesem Markt um die Wirkung von Worten geht und die Wirkung von Worten auf die Wirklichkeit. Im Dezember 2019 hing der Satz auch über der Arena in Dresden, Thema waren unsere verwickelten Beziehungen zur Künstlichen Intelligenz. Da konnte man sich erinnern, dass in dem Roman “die verbesserung von mitteleuropa, roman” (Oswald Wiener, 1969) Künstliche Intelligenz in einem nicht-wissenschaftlichen Buch in deutscher Sprache zum allerersten Mal erwähnte wurde. Und im September 2019, war Sarah Wiener dann zum ersten mal Expertin in einem “Markt für nützliches Wissen”, in der Ausgabe Nr. 20 zum Roten Wien und sie sprach unter dem Schlagwort ZUKÜNFTE über “Die Ernährung der Zukunft und die Gemeinschaft mündiger Esser*innen.
Das Archiv
Das AUDIOARCHIV DER MOBILEN AKADEMIE besteht aus 1127 online abrufbaren und anhörbaren Gesprächen, aufgenommen in den Inszenierungen der MAB. Die Gespräche im Online-Archiv sind sorgfältig archiviert und verschlagwortet, können nach Thema, Sprecher*in, Sprache oder Event geordnet durchsucht werden, jeder Eintrag ist mit einem kurzen Exzerpt versehen. Die Aufnahmen speichern das erzählte Wissen verschiedener Leute von all den Orten, an denen die MAB in den letzten 20 Jahren gearbeitet hat. Meist sind es dialogische Gespräche, aber auch Vorträge, alle wurden live aufgenommen in den performativen Installationen der MAB. Etwa 70% der Gespräche wurden in der Arena der (SCHWARZ)MÄRKTE FÜR NÜTZLICHES WISSEN UND NICHT-WISSEN aufgenommen, ausgewählt aus dem Murmeln 100 gleichzeitig ablaufender Dialoge. Die Gespräche werden tontechnisch nicht bearbeitet, sondern spiegeln die Situation ihrer Aufzeichnung mit Störungen und Nebengeräuschen wieder.
Der Ort des Archivs: natürlich online unter: audio-archive.com aber seit 2014 ist das online Archiv auch verortet am Haus der Kulturen der Welt in Berlin.
Machart
An Einzeltischen (zwischen 6 – 100 Tischen) sitzen Expert*innen, die eingeladen sind, einen Ausschnitt ihres Wissens anzubieten, der sich in 30 Minuten erzählen lässt. Das Publikum (eher ein Kunde, oder Klient an diesem Abend) hat die Möglichkeit, eine/n Experten/in plus Wissensangebot für eine halbe Stunde zu buchen und sich im Dialog das Wissen und Nicht-Wissen des anderen anzueignen (oder zu verwerfen). Man kann an einem Abend (ca. 4 Stunden lang) zwischen mehreren Expert*innen/ Wissensdienstleister*innen wählen (manchmal 12, manchmal 120) und sich für mehrere halbstündige Gespräche einchecken lassen. So entsteht eine HALLUZINIERTE VOLKSHOCHSCHULE, in der Wissen und Nicht-Wissen, Lebens- und Überlebensstrategien auf nicht-institutionellem Weg ihren ‚Besitzer’ wechseln. Der Wissenstransfer als kommunikativer und performativer Akt wird in dieser Nacht im Theater, dem ursprünglichen Ort öffentlichen Debattierens, zu einer kollektiv gewisperten Wissenserzählung, die die Zuschauer*innen im Schwarzmarkt-Radio auf 6-8 Kanälen verfolgen können.
Das 21. Jahrhundert gilt als Informationszeitalter und das Wissen spielt in diesem Diskurs die Rolle einer ökonomischen, politischen und kulturellen Ressource. Doch die Vorstellung vom Wissen als einer abrufbaren und kontinuierlich wachsenden Entität übersieht sowohl dessen performativen Charakter, als auch die Grenzen und historischen Brüche von denen das Feld des Wissens durchzogen ist. Wissen – so scheint es – muss als hybrider Begriff gefasst werden: als Speicherform ist es mit Prinzipien der Darstellung, Diskursivierung und Archivierung verbunden; als Vollzugsform wächst es aus Techniken, Praktiken und Erfahrungen mit/am/im Körper von Lernenden. Nicht zuletzt erscheint das Wissen als Bild und Spiegel seines scheinbaren Gegenteils: dem NICHT-WISSEN und dem Glauben. Um deren Anteil an der Produktion und Distribution von Wissen zu klären, müssen sie als Konstituenten und imaginative Randzonen anerkannt werden. Sie erst machen deutlich, warum wir – um mit einem Wort Dietmar Kampers zu sprechen – dem Wissen nur im virtuosen Wahrnehmen, Wiederholen und Träumen begegnen können.