Der Schwarzmarkt für nützliches Wissen und Nicht-Wissen imitiert bekannte Orte der Wissensvermittlung wie das Archiv und den Lesesaal und kombiniert diese mit Kommunikationssituationen, die vom Markt, der Börse, von Beratungs- und Dienstleistungsgesprächen bekannt sind. In Warschau war das unsichtbare, das gespenstische Wissen Thema des Abends. Die Expert*innen initiierten eine live betriebene Gespensterbibliothek, ein lebendes Lexikon des Gespenstischen.
Gespenster, das sind Wesen oder Ideen, nicht lebendig, nicht tot, noch nicht geboren oder unfähig zu sterben, weder anwesend noch abwesend – sie haben die Fähigkeit, die Wirklichkeit in die Schwebe zu versetzen und sie ihrer Materie und Beweisbarkeit, zumindest für den Moment ihres Erscheinens, zu berauben. Alle diese Unsichtbaren – Geister, Untote, Phantome, Widergänger, Vampire und Gespenster – können nur in dem gesellschaftlichen Kontext verstanden werden, der sie produziert hat, meist durch Ausschluss, Verdrängung, Ausgrenzung. So hat “das Phantom der Marktwirtschaft das Gespenst des Kommunismus ersetzt” (Heiner Müller) und die modernste Gestalt des Gespenstischen wäre heute der Flüchtling, der illegale Migrant, der zwar anwesend ist, dem aber die Bürgerrechte aberkannt werden, der aus der öffentlichen Wahrnehmung und seinen Repräsentationsmodellen heraus fällt.
Unsichtbares Wissen – das bezieht sich auf ökonomische, politische, soziale Strukturen, die nicht erkannt werden können, weil wir verblendet sind; es meint Ideen und Dinge, die nicht ausgesprochen werden können, sei es wegen Zensur oder Verbot, oder weil sie sprachlich noch nicht fassbar geworden sind, das sind verdrängte, vergessene Inhalte der Vergangenheit oder phantastische und auch mögliche Zukunftsvisionen.
Die Gespräche wurden in holländischer, englischer, französischer, deutscher, russischer, spanischer und ukrainischer Sprache angeboten.